24 сентября 2022 г.
Das Erkennen von Gründen, ganz egal, wie richtig oder falsch sie sind, verändert nichts
Die Tatsache, dass du weißt, dass du jetzt diese Angst hast, weil dein Vater dich damals geschlagen hat oder: dass du jetzt traurig bist, weil dein Über-Ich dir kritische Sätze sagt oder: dass du weißt, dass du einen Ödipuskomplex hast usw usw. – das alles macht keinen Unterschied. Das einzige, was durch dieses Analysieren und Suchen nach Gründen erreicht wird, ist, dass der Verstand etwas zu tun hat. Aber es verändert nichts in deinem Er-Leben.
(Siems, M. Dein Körper weiß die Antwort. Focusing als Methode der Selbsterfahrung. Eine praktische Anleitung).
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit
Sören Aabye Kierkegaard
Damit sich unser inneres Erleben bewegt und verändert, müssen wir mit einer Erlebnisqualität Kontakt aufnehmen, die noch hinter den Worten, Bildern, Körperempfindungen und Emotionen liegt
Diese Erlebnisqualität nennt Gendlin den ‚felt sense’, wörtlich „gefühlter Sinn“ oder „gespürte Bedeutung“, „etwas Konkretes, das man im Körper unmittelbar spürt“, ein noch vages und undeutliches Gefühl im Körper.
„Als Ted zum ersten Mal die Augen schloß und in seinen Körper hineinspürte, betrat er Neuland. Es dauerte eine Weile bis er überhaupt „hineinkam“. […] Zunächst spürte Ted nichts und wollte schon fast entmutigt aufgeben. Aber dann probierte er es mit der Focusing-Frage: „Was verlangt denn jetzt nach meiner Aufmerksamkeit?“ Und dann wartete er einfach ab und nahm wahr. Er merkte, das sich sein Bauch ganz verkrampft anfühlte - und das anscheinend schon seit langem. […] Ted blieb in dem verkrampften Gefühl und erkannte innerlich an, dass es da war. Sobald er es begrüßte, machte sich zu seiner Überraschung eine ansatzweise Erleichterung bemerkbar. Das Gefühl war zwar noch da, fühlte sich aber nicht mehr ganz so unverrückbar an. Er versuchte es zu benennen und das Wort „verkrampft“ passte recht gut. […] Dann machte sich Ted daran, das verkrampfte Gefühl besser kennenzulernen. […] Zunächst fühlte sich das Gefühl wie eine stabile Mauer an, ohne irgendeine Bedeutung. Dann kam Ted allmählich die Ahnung, dass dieser verkrampfte Teil von ihm Angst hatte. Er überprüfte das Wort „Angst“ an dem Gefühl und spürte, dass es sich noch ein bisschen mehr verkrampfte. Jawohl! „Angst“ stimmte.[…]Es dauerte eine Weile, bis Ted die Antwort spürte, aber inzwischen hatte er schon gelernt, geduldig zu sein. Er bekam allmählich ein Gefühl dafür, wie anstrengend es für dieses verkrampfte Etwas in ihm war, so angespannt zu bleiben. „Es hat Angst“, erkannte er, „und es hat auch Angst davor zu zeigen, dass es Angst hat“. Als er das aussprach, spürte er, wie sich sein Bauch entspannte, als würde etwas in ihm sagen: „Bin ich froh, dass du mich gehört hast“ […]
Er stellte der verkrampften Stelle noch einmal die gleiche Frage, so sanft, wie er eines seiner Kinder nach einem Alptraum gefragt hätte: „Was macht dir denn gerade solche Angst, hm?“ Da kam ihm plötzlich eine Erinnerung von früher in den Sinn, wie sein Vater zusammengesunken im Sessel sitzt, während seien Mutter mit erbostem Gesicht in der Tür steht. Dazu kam der Satz: „Ich darf nicht versagen.“
„Ich hör dich“, flüsterte Ted seinem Körper zu. „Du meinst Versagen ist nicht erlaubt.“ Teds Bauch entspannte sich zutiefst, als würde dort irgendetwas erleichtert losgelassen. Er erlebte ein ganz neues Gefühl: ein vollkommen entspannter Bauch, zum ersten Mal seit Jahren!“ (Weiser Cornell, A. Focusing - Der Stimme des Körpers folgen.)